Eigentlich war die Reise nach London schon so gut wie gebucht und die Tinte für den Post über meinen Besuch der Fleet Street, wo einst Dickens, Pepys und Johnson verkehrten und an der noch viele Jahrzehnte später das Herz der englischen Zeitungswelt mit unter anderem „The Sun“ schlug, schon gedanklich trocken. Doch der Rahmen der Kreditkarte, von dem ich bis dato nicht wusste, dass es ihn gibt, wollte mich lieber chillend am Strand von Jesolo sehen. Und zu meinem Schmunzeln war auch dort die „Sun“ (nach ihrem Aufgang) allgegenwärtig. „Ållewal Sun“, klagte der Badegast älteren Semesters aus Klagenfurt eine Reihe hinter mir auf seinem Liegestuhl hin und her wetzend über die nicht nur zur Mittagsstunde brütend heiße Sonne Anfang September in unverkennbarem Kärntner Dialekt. Andernorts büxen die Vokale aus wie anno dazumal der Colt von Wildwest-Comiclegende Lucky Luke aus dessen Holster, das Zlozale (ugs., scherzhaft für Klagenfurter) hat an den Selbstlauten gezogen wie seine Gattin am Strohhalm im Aperol. Mir gefiel`s, erinnerte es mich an das Schriftbild des auflagenstarken Boulevardblattes und damit an mein ursprünglich angepeiltes Reiseziel. So gab es schließlich doch noch ein bisschen Fleet Street-Atmosphäre für mich weit abseits der verblassenden Spuren einer glorreichen journalistischen Vergangenheit. Wer in Großbritannien übrigens von Fleet Street spricht, meint in der Regel die Presse im Allgemeinen und nicht wie ich die nach dem kleinen Flüsschen Fleet benannte Straße. Auch wenn so gut wie alle Zeitungen und Agenturen diese in den 90er-Jahren verlassen haben. Begonnen hatte alles um das 14. Jahrhundert, als Wynkyn de Worde (von dessen Namen es beachtlich viele Schreibweisen gibt) seinen Druckereibetrieb hierher verlegte; beendet hat es (einmal mehr) ein Mogul, nämlich Rupert Murdoch, dessen Tochterunternehmen News International unter anderem „The Sun“ herausgibt. Die besuche ich nun wahrhaftig zu Weihnachten – im Wissen, was meine Kreditkarte hergibt.
Foto © Pixabay/Pexels